Vorgestern Abend durfte ich mit der Leiterin eines hiesigen Familienzentrums den Informationsabend für die Eltern der Vierjährigen gestalten.
Dieser Informationsabend ist laut
Schulgesetz NRW (§ 36) so vorgesehen und wird in unserer Stadt von wechselnden Einrichtungsleitern gestaltet.
Vor fünf Jahren durfte ich erstmalig mitgestalten, in den Folgejahren gestalteten andere Schulleitungen mit Kollegen der Kindertageseinrichtungen diesen Abend.
Während ich vor fünf Jahren, noch recht neu in meiner Funktion als Schulleitung, auf klassiche Präsentationsmethoden setzte, entschieden wir uns in diesem Jahr dafür, die Eltern aktiv mit in den Abend einzubeziehen und ließen Beamer und Power Point komplett außen vor.
Nach einer Einführung durch die Kollegin des Familienzentrums baten wir die anwesenden Eltern darum, doch einmal auf Sonnenstrahlen zu notieren, was ihre Kinder bereits alles gelernt haben und können.
Es war uns ein Anliegen stärkenbasiert zu arbeiten, obwohl wir ein wenig bange waren, ob die Eltern sich überhaupt motivieren lassen würden, mitzugestalten.
Das Ergebnis übertraf all unsere Erwartungen:
Die Eltern schrieben - voller Stolz und das zu Recht - sehr viele Lernerfolge ihrer Kinder auf. Eine gute Grundlage, um anschließend überzugehen zu dem Thema Grundschule und Basiskompetenzen.
Wir fragten die Eltern danach, was sie glaubten, was wichtig sei für eine geglückte Einschulung und einen guten Schulstart ihrer Kinder und auch hierbei kam eine unglaublich umfassende Sammlung heraus, die ich als Einstieg nutzte.
Der Abend gestaltete sich somit mehr im Dialog als im Monolog und die zahlreichen Fragen der Eltern zeugten von großem Interesse.
Auffällig war, dass viele noch das klassische Schulbild von früher vor Augen hatten. Alle lernen im Gleichschritt dasselbe.
Es ist schwierig, Eltern zu vermitteln, das Unterricht heute ganz anders ist und nicht nur im Zuge der Inklusion anders gestaltet werden muss.
Ein spannendes und weites Feld, das hier sicher noch einmal an anderer Stelle aufgegriffen wird.
Am Ende des Abends hatten wir den Eindruck, dass die Eltern die Veranstaltung durchaus lohnenswert fanden.
Mir hat es noch einmal bewusst gemacht, wie wichtig es ist, wertzuschätzen was die Kinder alles schon an Lernvoraussetzungen mit in die Schule bringen.
Jedes Kind kann ganz viel, wenn es eingeschult wird, nur eben nicht alle dasselbe.
Schule ist häufig noch zu sehr geprägt von der Defizitorientierung. Da wir individuell fördern sollen, müssen und wollen, blicken wir natürlich zuerst auf das, was gefördert werden muss.
Meiner Ansicht nach ist das nicht unbedingt der richtige Ansatz. Ausgehend von den Stärken der Kinder lassen sich diese sicherlich weitaus besser motivieren und vor allem stärken wir so ihr Urvertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten.
Der Abend hat mich insofern gedanklich noch einmal weiter gebracht und ich werde in der neuen Klasse mit einer "Das kann ich schon!" - Wand arbeiten, an der wir über das Schuljahr hinweg und zwar von Anfang an dokumentieren, was jedes einzelne Kind schon kann, gelernt hat und welche Stärken es hat.
Der Abend hat übrigens auch gezeigt, das weniger oft mehr ist. Während ich mich vor fünf Jahren gedanklich noch in vielen Stunden auf einen solchen Informationsabend vorbereitet habe, belief sich die Vorbereitung in diesem Jahr auf nicht mehr als 30 Minuten. Es fand eine kurze Absprache mit der Kollegin des Familienzentrums statt. Wir waren uns sehr schnell einig. Ich schnitt einige Sonnenstrahlen aus, sorgte für Schreibmittel und Pinnnadeln und alles andere ließen wir spontan geschehen und sozusagen aus uns heraussprudeln.
Die Eltern leiteten uns durch ihre aktive Mitarbeit durch diesen Abend. Nun muss jedoch noch überlegt werden, wie in den kommenden Jahren mehr Eltern mit Migrationshintergrund erreicht werden können.
Das ist das Schöne an Schule: Nichts bleibt wie es ist, Leben ist stete Weiterentwicklung.
Ein ewig spannender Prozess.
Liebe Susanne,
gerade bin ich dabei den Informationsabend zur Schulfähigkeit vorzubereiten. Wie so oft finde ich auf deiner Seite so viel Inspiration, wie man so ein Thema angehen kann.
Vielen Dank, dass du uns immer wieder an deinen Ideen, Gedanken und Vorhaben teilhaben lässt.
Liebe Grüße Tilli
vom 07.06.2016, 16.19
Danke für die nette Rückmeldung.
Mir hilft es, meine Gedanken hier zu sammeln.
Wenn andere auch etwas damit anfangen können, freut mich das natürlich sehr.