Etwas irritiert nahm ich auf der diesjährigen Didacta wahr, wie Schulbuchverlage die Inklusion vermarkten und zu einem - sicherlich guten - Geschäft machen.
Materialien, die es seit Jahren gibt, werden nun mit markigen Aufklebern versehen und sind "inklusionsgeeignet", was immer das genau bedeuten soll.
Inklusion ist zu einem mächtigen Wort geworden in der Bildungslandschaft. Inklusion wird heiß diskutiert, bringt uns hier und dort an unsere Grenzen und wir sind auf der Suche nach Allheilmitteln, die uns - nicht zwingend den Kindern - die Inklusion erleichtern.
Geht der Griff dann in der Tat eher zu Materialien, die mit einem solchen Aufkleber versehen sind?
Ich geriet in eine Diskussion mit einer Verkäuferin - wobei angemerkt sei, dass die Arme nichts für die Verkaufsstrategien des Verlages kann - und merkte, dass kein fundiertes Wissen über die Inklusionspraxis bestand.
Ich wurde darauf hingewiesen, dass kompetente Fachkräfte sämtliches Material des Verlages auf Inklusionsfähigkeit überprüft hätten und nur die Materialien einen Aufkleber erhalten hätten, die wirklich inklusionsgeeignet seien.
Einerseits war dieses Gespräch durchaus schmunzelnswert, andererseits machte es mich schon auch ein wenig sprachlos, weil Inklusion zu einem bloßen Geschäft degradiert wird und die Hilflosigkeit der Kollegen so relativ schamlos ausgenutzt wird.
Jedes Material ist inklusionsgeeignet, denn es wird immer Kinder geben, die mit genau diesem Material arbeiten und lernen können.
Wenn wir anfangen, innerhalb der Inklusion zu separieren, sind wir außerhalb der Inklusion gelandet. Also machen solche Aufkleber meines Erachtens wenig Sinn und zeigen eigentlich nur auf, wie hilflos wir mit der neuen Situation umgehen.
Meiner persönlichen Meinung nach gibt es keine pauschalen Inklusionskinder. Es gibt Kinder mit unterschiedlichen Förderbedarfen in unterschiedlicher Ausprägung und wie bereits seit vielen Jahren, bleibt es einfach weiterhin unsere Aufgabe, als Lehrer zu schauen, welches Material für welches Kind wann genau sinnvoll ist.
Ein Aufkleber ändert da gar nichts, außer möglicherweise tatsächlich das Kaufverhallten von uns Lehrern - was ich nicht hoffe!
Die Schulbuchverlage, jedenfalls einige, wittern eine neue Marktlücke. Auch online wird Material verstärkt mit Inklusionsfähigkeit beworben. Dabei benötigen doch alle Kinder unterschiedliche Lernarragements, unabhägig vom attestierten oder nicht attestierten Förderbedarf.
Mich erinnerten die Aufkleber an ein ebenso irritierendes Erlebnis auf einer Inklusionsfortbildung. Dort wurde mit einem "Markt der Möglichkeiten" geworben, der uns Lehrer bei der Inklusion helfen sollte.
Natürlich war das die bevorzugte Anlaufstelle aller Fortbildungsteilnehmer.
Dass dort lediglich "Lies-Mal-Hefte" auslagen, "Lük Kästen" und weitere altbekannte Materialien und Bücher war sehr ernüchternd.
Das deutlich anzusprechen jedoch ein großer Fehler meinerseits.
Wenn wir uns einfach nur klarmachen würden, das jedes Kind anders lernt und jedes Kind in seinem eigenen Tempo lernt, wären wir ein großes Stück weiter und bräuchten keine offenbar wegweisenden Aufkleber.
Den Unterrichtsalltag verändern wir nicht mit solchen Kopiervorlagen, sondern nur durch unsere Einstellung.
Inklusion fängt in unserem Kopf an. Nirgendwo sonst!
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vom 16.11.2024, 07.20