"Guck mal, Frau Schäfer, ich kann Herzen malen!", rief mir ein Kind meiner Klasse im Unterricht entgegen und präsentierte mir stolz sein Mathebuch.
Eifrig malte das Kind weiterhin Herzen in sein Buch, statt die offensichtlich eher langweiligen Aufgaben zur Mengenerfassung zu bearbeiten.
Natürlich war ich im ersten Moment geneigt darauf hinzuweisen, dass jetzt eigentlich eine andere Aufgabe an der Reihe war. Von Herzchenmalen hatte ich schließlich nichts gesagt.
Das Kind malte aber mit äußerster Hingabe und hoher Konzentration Herz um Herz in das Mathebuch, ganz gefangen in sein Tun und voller Hingabe.
Jedes Herz wurde größer und die Form immer gleichmäßiger. Der Stift fuhr immer flüssiger über das Blatt und das Kind stellte selbst fest:
"Ich mach das super!"Ja, es machte das in der Tat super und vor allem mit einer solchen Liebe zur Arbeit, dass ich nur schwerlich auf die eigene Aufgabe verweisen wollte.
Warum sollte ich das hochkonzentrierte und motivierte Kind, das sich nur schwerlich motivieren ließ, langweilige Schwungübungen mitzumachen, nun in seiner selbstgewählten Arbeit unterbrechen?
Wem schaden einige Herzen im schnöden Mathebuch?
"Ja, du machst das wirklich super!", bestätigte ich und dachte mit Bangen kurz darüber nach, ob jetzt wohl der Rest der Klasse auch inflationär Herzen malen wollen würde.....
Lehrerängste, unbegründet und unrealistisch.
Die anderen Kinder arbeiteten an ihren jeweiligen Aufgaben weiter und niemand fand es befremdlich, dass sich das Mathebuch an einem Tisch nun mit kleinen und großen, dicken und dünnen, roten und blauen Herzen füllte.
Für die Kinder, das merke ich immer wieder, ist es viel natürlicher als für mich, dass jeder seinen eigenen Weg geht.
Und hier war es nunmal gerade Zeit für HERZlichkeit!
Und Zeit für mich, von den Kindern zu lernen.
Schließlich steht nicht umsonst in unseren Schulfenstern geschrieben:
Schule mit Herz!
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vom 16.11.2024, 07.41