Ausgewählter Beitrag

Weil nicht sein darf, was nicht sein soll!

In den letzten Wochen stoße ich vermehrt auf Berichte (wie diesen) nahezu verzweifelter, überforderter und frustrierter Kolleginnen und Kollegen, die die Verhältnisse in unseren Schulen darlegen, offenlegen und anprangern.

Es scheint vieles nicht rund zu laufen in unserem derzeitigen Bildungssystem und der beinahe schon verzweifelte Schrei nach Gehör an den richtigen Stellen, wird nicht ernst- oder gar nicht erst wahrgenommen.

Neben der vielerorts verständlichen Frustration der Kolleginnen und Kollegen sind es jedoch die Kinder, die „auf der Strecke bleiben“ und die – neben den Kollegen – es verdienen, in den Fokus gerückt zu werden.







Sechs Kinder meiner Klasse haben einen eindeutigen und vor allem deutlich sichtbaren erhöhten Förderbedarf.

Das ist die Realität.

Sichtbar und erkennbar sogar ohne jegliche offizielle Verfahren.

Diese wurden nach Beantragung aber auch abgelehnt. Eine Überprüfung des sonderpädagogischen Förderbedarfs wurde abgelehnt mit der Begründung:

„Fördermöglichkeiten der Grundschule wurden noch nicht ausgeschöpft!“ 

Faktisch bedeutet das: In meine Klasse geht kein Kind mit einem erhöhtem Förderbedarf.

Für die Statistik des Schulamtes mag das sehr nützlich sein – für diese Kinder jedoch nicht.

Jeder Mensch, der eine Nasennebenhöhlenentzündung hat geht zum HNO Arzt, mit einem entzündeten Blinddarm wählt man den Chirurgen. Sieht man schlecht hilft der Gynäkologe nicht wirklich weiter…..

Nur im Bildungsbereich werden die Kinder zu Versuchskaninchen degradiert und müssen mit einer Lehrerin Vorlieb nehmen, die weder über die entsprechende Profession verfügt, noch über die entsprechenden Hilfsmittel.

Weil nicht sein darf, was nicht sein soll.

Da diese Kinder ja offiziell gar keinen erhöhten Förderbedarf haben, benötigen sie offiziell ja auch keine entsprechende Förderung und das ist ein Vergehen an jedem einzelnen dieser Kinder.

Als Schulleitung darf man nun den Spagat machen und trotz Erkennen und Durchschauen der untragbaren Situation, das Team ermutigen, weiterzumachen, die Kolleginnen und Kollegen in ihrer Arbeit bestärken und unterstützen und versuchen, die Frustration auf ein erträgliches Maß zu minimieren.

Öffentliches Darlegen der realistischen Situation ist unerwünscht und die Konsequenzen für Schulleitungen nicht immer angenehm, um nicht zu sagen sehr unangenehm.

Wie oft wurde mir nun schon gesagt, ich habe die Inklusion nicht wirklich verstanden?

Ohne, dass je jemand dieser Menschen an unserer Schule war oder in meinem Unterricht.

Als Schulleitung, so erwartet man, hat man loyal zu sein und das wird leider häufig gleichgesetzt mit unkritisch.

Aber ist nicht genau das Aufgabe von Schulleitung? Kritisch zu hinterfragen, Kollegen den Rücken zu stärken, für bessere Bedingungen zu kämpfen und für jedes einzelne Kind der Schule das Bestmögliche zu fordern und zu ermöglichen?

So jedenfalls  habe ich meine, unsere, Aufgabe immer verstanden.

Ich gehöre nicht zu den Frustrierten. Ich leide auch nicht an Burnout, bin nicht verzweifelt und fühle mich auch nicht überarbeitet oder überlastet.

Aber nur, weil ich meine Grenzen akzeptiere und anerkenne, dass ich nicht die Arbeit einer Sonderpädagogin leisten kann.

Aus dem einfachen Grunde, weil ich keine  bin.

Das bedeutet, damit zu leben, dass einige Kinder nicht optimal gefördert werden können.

Nicht durch mich, nicht mit der größtmöglichen Anstrengung, nicht mit ganz viel Fleiß, Motivation und Ausdauer.

Im Grunde muss ich mich nicht sorgen, denn diese Kinder haben ja allesamt offiziell  keinen erhöhten Förderbedarf.

Was spielt es da für eine Rolle, dass ein Kind sich nicht selbstständig anziehen oder den Toilettengang nicht selbstständig ausführen kann? Was spielt es für eine Rolle, dass das Kind nicht in der Lage ist verständlich zu sprechen, wenn es doch offiziell gar keinen Förderbedarf „Sprache“ hat?

Alles ist gut – offiziell – nur wer fragt nach den Kindern?

Ich gehe jeden Morgen gerne in meine Klasse, weil es eine unglaublich tolle Lerngruppe ist, die mich jeden Tag Neues lehrt, die mich weiterbringt, mich reflektieren lässt, mich schmunzeln und glücklich sein lässt.

Und ich gehe jeden Tag in der Überzeugung, mein Bestes zu geben.

Das Beste jedoch wird nicht reichen, das ist mir bewusst, und deshalb kämpfe ich für diese Kinder, die Besseres verdient haben.

Und für ein Team, das ebenfalls Besseres verdient hat.

Die letzten Schulleitungsjahre waren geprägt von der Aufforderung: „Gehen Sie kreativ mit der Situation um!“

Dieser Aufforderung komme ich gerne nach, doch Kreativität kann nicht die Lösung der Probleme sein, die wir derzeit im Bildungssystem tragen müssen.

Kreativ sind wir alle und zwar jeden Tag aufs Neue und dennoch hilft uns das nicht dabei, jedem Kind gerecht zu werden.

Mir fehlt der Aufschrei der Eltern, deren Kinder darunter zu leiden haben, mir fehlt der realistische Blick hinter die Kulissen, mir fehlt das Rückenstärken der Obrigkeit und mir fehlt die Zauberkraft, uns alle mit den nötigen Fähigkeiten, den nötigen Kompetenzen, dem nötigen Mut und der nötigen Hoffnung auszustatten, um wirklich alles gut werden zu lassen.

Für jedes einzelne Kind.

Das, was ich einbringen kann und täglich einbringe ist die Überzeugung, dass wir hervorragende Arbeit leisten, ich kann meine Leidenschaft, mein Herz und meinen Willen einbringen, immer wieder neu zu reflektieren, zu evaluieren und zu schauen, wo wir wie bessere Wege finden können. Ich kann meine Fähigkeiten nutzen, um Dinge zu verändern, die durch mich - durch uns - veränderbar sind.

Ich kann das Team in seinem Tun bestärken, unsere Schule unseren Möglichkeiten gemäß bestmöglich ausstatten, die Rahmenbedingungen in unserem kleinen System optimieren, den Blick auf das Positive stärken und ich kann lernen, gelassener zu werden.

Gelassenheit im Hinblick auf die Dinge im System, die ich nicht ändern kann. Gleichzeitig kann ich versuchen, mutig genug zu sein, um kritisch zu reflektieren und zu hinterfragen und um das zu ändern, was ich ändern kann.

Und ich kann meine Stimme erheben und mich nicht scheuen, unbequem zu sein.

In aller Konsequenz!


Susanne Schäfer 18.02.2017, 10.48

Kommentare hinzufügen


Kommentare zu diesem Beitrag

46. von Gila

Zusatz zu 45. :
Und deswegen sind Seiten wie Zaubereinmaleins, Grundschulblogs, abcund123, viele englischsprachige Seiten von Homeschooling Moms usw. eine sehr große Hilfe für uns, also hier einmal ein ganz großes Dankeschön!


vom 27.02.2017, 17.05
Antwort von Susanne Schäfer:

Vielen lieben Dank für das Lob und Deine ausführlichen Beiträge.
Ich möchte Dir aber auch Mut machen, Grenzen zu ziehen!
Deine Gesundheit ist ein wertvolles Gut!
45. von Gila

Einzelinklusion - im Bereich Lernen und Geistige Entwicklung in der Regel eine Überforderung der Beteiligten, Tendenz zur Vereinsamung bei den Schülern. Bei kooperierenden Organisationsformen (bisher Außenklassen) könnte man das Gemeinsame so dosieren, wie es möglich, nötig und individuell sinnvoll erscheint - wenn niemand schreit "Alles gemeinsam!". Wir Sonderpädagogen übernehmen neben der schnellen Stundenrhythmisierung der Regelschule den Regellehrplan mit all den aufgesplitterten Fächern, erstellen möglichst sinnvolle Arbeitsmaterialien für gemeinsame Stunden auf verschiedenen Aneignungsniveaus, damit unsere Kids möglichst selbstständig und möglichst störungsfrei, d.h. unauffällig-still an ihren Blättern am gemeinsamen Thema arbeiten können. Ein Mädchen kann wenige Worte sprechen, gleiche Bilder einander zuordnen, ein anderes kann sprechen und einige Ganzwörter lesen, zwei Kids können einige Wörter erlesen, ein Junge kann einfache Texte lesen, z.T. sinnentnehmend ....Eine große Herausforderung und lange Arbeitstage, weil es fast kein geeignetes vorgefertigtes Material gibt und wir uns im Internet geeignete Illustrationen zusammensuchen müssen, die nicht immer legal einsetzbar sind...... Zwei Stunden Arbeit an einem Blatt, das in einer halben Stunde bearbeitet ist, keine Seltenheit. Dazu noch der schnelle Wechsel der Themen, die Bedeutung, die "Individuelles Lernen" in den Schulen gewonnen hat, Abspeisen mit Papier zum Selbst-Erarbeiten, und dies bei Regelschulkids, die ganz eindeutig Schwierigkeiten dabei haben, sich gelesene Inhalte zu erschließen. ..... Ganzheitlicher Unterricht, Reformpädagogik, Entdeckendes Lernen - Fehlanzeige. Es hat sich nicht viel getan im Schulsystem in den letzten 40 Jahren. Außer dass die Schüler regelmäßig Präsentationen geben..
Insgesamt: Frust bei den Schülern, Burn-out bei den KollegInnen vorprogrammiert.

vom 27.02.2017, 16.42
Antwort von Susanne Schäfer:

Dann müssen wir versuchen, im Rahmen unserer Möglichkeiten gegenzusteuern.
Zwei Stunden für ein Blatt stehen in keiner Relation - also kann es dieses Blatt eben nicht geben.
44. von Marek

Hallo Susanne,

mit dem unten benutzten Wort "Jammertalniveau" meinte ich das allgemeine sich Bemitleiden, Klagen, Anklagen und Ausbaden der Situation, indem man sich als Lehrer immer mehr und mehr aufreibt und Zeit bindet etc. Mit einem zum Beispiel "Du sprichst mir aus der Seele" ist eben niemandem geholfen.

Es wäre daher mehr getan, weniger zu reden und stattdessen kreative Ideen zu überlegen, wie das System dahin gebracht werden kann, dass es womöglich umkippt und etwas Neues entstehen kann. Auch als Beamter darf man im Interesse der Kinder und Kolleginnen mutig sein. Denn so wie es jetzt läuft wird es zu Lasten aller auf Dauer nicht weitergehen können.

vom 27.02.2017, 14.59
Antwort von Susanne Schäfer:

Hallo Marek,

danke für die Erläuterung, da bin ich in der Tat ganz nah bei Dir und hatte Dich wohl im anderen Kommentar falsch verstanden.
43. von Regine

Leider ist es immer öfter so. Auch Gespräche mit den zuständigen Stellen helfen da leider nicht...


vom 27.02.2017, 07.01
Antwort von Susanne Schäfer:

Die Erfahrung habe ich leider auch machen müssen, aber ich denke, irgendwann muss doch irgendwer erkennen, was hier geschieht....
42. von Gabriele Beranek

Das System funktioniert...
Eltern sagen "ich habe Rücken",
Druck für alle.
Meinungsfreiheit?
Das *System* generiert Volksverdummung.

Gruß G.B.

vom 27.02.2017, 05.08
Antwort von Susanne Schäfer:

So ganz verstehe ich Deinen Beitrag leider nicht.
:-/
41. von Gymnasiallehrerin

Sind wir mal ehrlich, Inklusion hat nicht den Menschen im Fokus, sondern das Geldsparen. Lehrer, Sozialfachkräfte und ganze Institutionen werden nicht mehr gebraucht oder reduziert. Der Beamtenstatus verbietet uns den Mund oder die Kündigung. Vor allem an Gesamtschulen sinkt das Leistungsniveau und steigt die Frustration auf allen Seiten. Mit Gleichmacherei ist niemandem geholfen, denn so tickt unsere Gesellschaft nicht. Aber es ist auf den ersten Blick kostengünstiger, bis es der Politik um die Ohren fliegt...

vom 27.02.2017, 00.05
Antwort von Susanne Schäfer:

Inklusion ist sicherlich mehr, als daraus derzeit gemacht wird. Der Beamtenstatus kann uns aber doch nicht zu unmündigen, unkritischen Bürgern machen, die willenlos alles abnicken, was ihnen vorgesetzt wird.
Gerade in den Schulen brauchen wir doch Vorbilder. Menschen, die Rückgrat haben, keine Abnicker.

Ich glaube nicht, dass Inklusion bedeutet, wir wollen oder sollen alles gleich machen.
Aber das ist ein weites Feld....

Danke für Deine Rückmeldung aus einer anderen Schulform heraus. Das ist sehr spannend für mich.
40. von Roberto

Leider will es daß System so. Ich habe schon vor etlichen Jahren erlebt, das Kinder hatten gefördert musten und es nicht getan wurde. Auf der anderen Seite habe ich Lehrer gesehen die stur denn Stoff gelehrt haben ohne auf die Kinder ein zu gehen. Und auch Eltern die denken die Erziehung von den Lehrern abhängt. Es läuft hier einiges falsch.

vom 26.02.2017, 23.08
Antwort von Susanne Schäfer:

Ja, es läuft einiges falsch und wir können nur versuchen, es mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen besser zu machen.
:-)
39. von Förderschullehrerin

Ich bin Förderschullehrerin in Niedersachsen und bin froh, dass die Inklusionsversuche zunehmend realistisch in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Danke für Ihre ehrliche Sichtweise. Leider muss ich anonym antworten.

Hier ein paar Gedanken von mir:

Sonderpädagogik ist kein Medikament, welches stundenweise verordnet werden kann. Sonderpädagogik kann nur funktionieren, wenn ich eine Beziehung zu den Schülern aufbauen kann. Sonderpädagogik heißt Beziehungsarbeit, aber das scheinen verantwortliche Bildungspolitiker anders zu sehen, ansonsten würden sie andere Rahmenbedingungen schaffen. Sonderschullehrkräfte fühlen sich immer mehr wie Zeitarbeiter, die leider nicht viel bewirken können. Sie fühlen sich wie Chirugen, die als einziges chriugisches Instrument einen Hammer zur Verfügung gestellt bekommen. Tolle Operationsbedingungen...

Viele Eltern wissen nicht, wie unzureichend die Ressourcen und Rahmenbedingungen sind, die die Bundesländer zur Verfügung stellen: In Nds. heißt Sonderpädagogische Grundversorgung im Primarbereich: Ein Förderschullehrer darf für 2 Stunden in der Woche in eine Klasse kommen, egal wie viele Förderschüler sich in dieser Klasse befinden. Wie soll man so Schülern gerecht werden? Hand auflegen??? Die allein gelassenen Schüler, die zieldifferent unterrichtet werden müssten, aber nicht immer zieldifferent unterrichtet werden, weil es unter den gegebenen Umständen keine Lehrkraft alleine schaffen kann, werden zu einem Problem für alle. Der Unterricht der Regelschulkinder wird von den kognitiv überforderten Schülern gestört. Folglich sinkt durch die unzureichenden Inklusionsversuche die Unterrichtsqualität insgesamt - für alle.

Genauso wie ein Schüler im Rollstuhl eine Rampe benötigt, um zum Klassenraum zu gelangen, sind Schüler mit einer Lernbeeinträchtigung oder geistigen Beeinträchtigung auf einen Unterricht angewiesen, der das kognitive Niveau dieser Schülerschaft berücksichtigt.

Die Kommunikation zwischen Kultusministerium (Politik) als strukturgebende Institution und der ausführenden Behörde (Landesschulebörden) und den Schulen (Eltern, Schülern, Lehrkräften) funktioniert nicht. Es findet kein offener Austausch auf Augenhöhe statt. Verbeamtete Lehrkräfte, die sich in der Öffentlichkeit kritisch zu den unzureichenden Inklusionsbedingungen äußern, werden abgestraft, indem sie dienstrechtlich belangt werden. Verantwortliche im Kultusministerium schenken den Personen aus der Praxis keine Beachtung, bzw. reichen kritische Positionen unkommentiert an die zuständige Behörden weiter. Die Zuständigen in den Landesschulbehörden erlebe ich als Marionetten, die konstruktive Kritik als Illoyalität interpretieren. Inklusion kann nur gelingen,wenn auf Augenhöhe darüber diskutiert werden darf und nicht, indem Maulkörbe verordnet werden. Schulpolitiker, Dezernenten und das Fußvolk (Lehrkräfte) sollten gemeinsam Lösungsansätze entwickeln dürfen. Zumindestens sollten Stellungnahmen, Briefe, Positionspapiere von Lehrkräften zur Kenntnis genommen werden und als Aufforderung zum Handeln verstanden werden.

Inklusion im dreigliedrigen Schulsystem ( Sekundarbereich) ist paradox. Auf der einen Seite werden Schüler sortiert, auf der anderen Seite sollen Förderschüler in diesem separierenden Schulsystem inkludiert werden.
Man weiß um die paradoxen Strukturen (Dreigliedrigkeit versus Inklusionsgedanken), aber politisch wird keine Entscheidung getroffen. Lehrkäfte werden in diesen paradoxen Strukturen alleine gelassen,, wahrscheinlich in der Annahme, dass diese das Ganze schon irgendwie meistern werden.
Aus Angst, dass die Inklusion nicht fortgeführt wird, unterstützen viele Inklusionsforscher eine schlecht durchgeführte Inklusion ohne nachhaltig auf dringend notwendige Veränderungen zu pochen. Die Veränderungen sind aber unbedingt geboten, damit Inklusion wirklich gelingen kann. Möglicherweise geht es um Forschungsgelder?! Warum sind viele Professoren in den Universitäten so unkritisch? Warum sind die Evaluation der inklusiven Praxis so weichgespült?

Ich denke, dass in diesem Fall nur eins weiterhilft. Alle, Regelschullehrer, Förderschullehrkäfte, Einzelfallhelfer, Schulleitungen, Eltern, Schüler,... müssen lauter werden und sagen, was nicht gut läuft.

vom 26.02.2017, 22.22
Antwort von Susanne Schäfer:

Herzlichen Dank für diesen ausführlichen und interessanten Kommentar.
Es darf doch aber nicht sein, dass man Repressalien befürchtet, wenn man Fakten darlegt.
Dann stimmt etwas in unserem System tatsächlich nicht.
Ich verstehe aber, warum Du anonym geschrieben hast.
Dass Du genatwortet hast finde ich toll.
Ich danke Dir.
38. von Andrea

zu Kommentar 25. Marek: und auch hier wären in erster Linie die Kinder, die darunter leiden müssten. Was nützt es, eine Gymmasialempfehlung auszusprechen und das Kind bekommt dort dann zu hören: nein, dein Zeugnis ist so schlecht, dich können wir hier nicht annehmen.
Und was ich grundsätzlich noch sehr schlimm finde, dass auch die "normalen" Kinder nicht in dem Umfang gefordert und gefördert werden können, der ihnen doch wohl zustehen sollte. Ich bewundere jede/n Lehrer/in, der/die täglich versucht, allen gerecht zu werden und auch Ruhe in die Klassen zu bringen. Auch bei uns gibt es einige "auffällige" Kinder, die gewisse Dinge entweder nicht verstehen und es wieder und wieder erklärt werden muss oder die den Unterricht stören. Und der Rest? Ist genervt, abgelenkt, gelangweilt - und das in einer 2. Klasse. Ich finde es einfach nur schade, dass den Kinder gar nicht mehr so wirklich das Lernen gelehrt werden kann. Und oftmals muss man sich als Lehrkraft auch noch Anfeindungen anhören. Armes Deutschland...


vom 26.02.2017, 21.02
Antwort von Susanne Schäfer:

Anfeindungen? Das habe ich jetzt so in der Form glücklicherweise noch nicht erlebt, es sei denn, dass sich mal Eltern beschweren oder über einzelne Situatione aufregen.
Zunächst ist für mich ja jedes Kind normal und ich habe gar nicht mal so sehr den Eindruck, dass die von Dir gemeinten Kinder weniger lernen oder sich langweilen.
Ich habe nur den Eindruck, dass ich für viele "Einzelfälle" leider gar nicht ausgebildet bin und mehr aus Intuition agiere, denn aus Fachkompetenz heraus und ich finde, das ist ein Vergehen an den Kindern. Ich bin  nunmal keine Sonderpädagogin und kann mir auch nicht im Hauruckverfahren die benötigten Kompetenzen aneignen.

Danke für Deinen Kommentar und ich möchte Dir einfach Mut machen, zu sehen, was Du alles leistet und wo eben Grenzen sind.
37. von Heike

Hallo Susanne,
danke,du sprichst mir aus dem Herzen.
Ich bin eine Sonderpädagogischen Fachkraft und versuche den Schülern Hilfe an einer Regelschule zu geben.
Auch hier ist es ein Spagat von Wollen, Können und zum Teil verständlicher Ignoranz.
Lg

vom 26.02.2017, 20.40
Antwort von Susanne Schäfer:

DAS glaube ich Dir sofort und ich bewundere die Ausdauer und das Engagement aller Kolleginnen und Kollegen im  System.
36. von Alexandra Graggaber

BRAVO und Danke! Hervorragend formuliert! Ich finde es ganz besonders toll, dass du deinem Team den Rücken stärkst und selber dazu stehst dass man sich nicht selber zerreißen kann um allen Kindern gerecht zu werden und dass man eben auch was nicht unbedingt können muss - weil man dafür eben nicht ausgebildet wurde. Damit nimmst du deinen LehrerInnen eine gewisse Last von den Schultern und ich bin sicher, dass du dadurch wenig Burnout und Unzufriedenheit in deinem Team gibt. Mach weiter so, ich finde das großartig!

vom 26.02.2017, 20.28
Antwort von Susanne Schäfer:

Vielen Dank für diese lieben Worte.
Darüber freue ich mich sehr.
35. von Mirjam

So ist es.Danke für die ehrlichen und mutigen Worte!

vom 26.02.2017, 19.38
Antwort von Susanne Schäfer:

Da gibt es nichts zu danken, denn es war mir einfach ein Anliegen und ist es immer noch.
:-)
34. von

Liebe Susanne Schäfer, genau auf den Punkt gebracht! Es ist so traurig denn es fehlt für die Bedürftigen als auch für die leistungsstarken Kinder an Ressourcen. Ich habe immer mehr das Gefühl mich aufzureiben...umso schöner fand ich Ihren Gedanken, ich geh gern in meine Klasse und lern von allen etwas.....nur da ist ja auch noch ein Lehrplan?? Ich werde aber nun auch Entspannungsphasen noch verstärken und immer wieder versuchen , neue Wege zu gehen....bin gerade aber wirklich fertig!! So schade..eigentlich mein Traumberuf

vom 26.02.2017, 19.15
Antwort von Susanne Schäfer:

Der Lehrplan ist nicht zeitgemäß. Ich muss ihn an einigen Stellen ignorieren, wenn ich erfolgreich arbeiten möchte und so gibt es eben durchaus Aussparen und Modifizierungen.
Dazu stehe ich.
33. von Irene Ohly

Sehr gut geschrieben, das trifft es genau. Niemand schaut sich das an und will die Problematik dieser unzureichend umgesetzten Inklusion wahr haben. Jedenfalls niemand, der an entscheidender Stelle sitzt und was ändern könnte. Die reiche Bundesrepublik lässt zu, dass die Bildung einer ganzen Generation vor die Wand gefahren wird

vom 26.02.2017, 18.33
Antwort von Susanne Schäfer:

Und ich frage mich immerzu, warum ist das so?
Warum wird einem Unfähigkeit oder Unverständnis der Inklusion vorgeworfen, ohne dass jemand schaut, wie wir arbeiten?
Warum möchte man Lehrer und Schulleitungen zu unkritischen Beamten degradieren?
Wo steckt der Sinn?
32. von Barbara

Hallo Susanne!
Dieser Artikel ist toll geschrieben und zeigt mir das auf, vor dem ich mich ehrlich gesagt derzeit echt fürchte.
In Österreich macht man jetzt gerade den Schritt zur Inklusion (hat ja in anderen Ländern so toll funktioniert...).
Wir bereits im Dienst stehende Lehrerinnen (bin im 23. Dienstjahr) sind laut Obrigkeit ausgebildet, Sonderschüler zu unterrichten (hm, ja, nach langem Nachdenken kam mir die 1 Vorlesung "Sonderpädagogik" in den SInn, die wir damals hatten - echt jetzt, ....wozu gab es dann parallel die gleichlange Sonderschull-Lehrer-Ausbildung?????!!!) ..... naja, die wird ja jetzt abgeschafft.
In der jetzt um 2 Jahre verlängerten VS-Lehrer-Ausbildung gibt es ein Seminar/Vorlesung(?) zusätzlich.
Wie es uns Lehrern dann gehen wird, zusätzlich zu den jetzt schon in vermehrtem Ausmaß auftretenden verhaltenskreativen Kindern noch Inklusion zu betreiben wage ich mir nicht vorzustellen.
Liebe Grüße
Barbara

vom 24.02.2017, 06.32
Antwort von Susanne Schäfer:

Liebe Barbara,

das las ich nun schon mehrmals, dass in Österreich das Studium der Sonderpädagogik abgeschafft wird und ich bin wirklich bestürzt über diese Kurzsichtigkeit.
:-(
Ich wünsche Euch viel Erfolg und viel Ausdauer!
31. von Heike Brümmer

Sie sprechen mir aus der Seele, Mutter eines 10 jährigen Jungen mit Asperger Autismus.
Ich habe schon viele " Aufschreie " von mir gegeben ..... aber wer gibt uns Eltern Gehör ?

vom 22.02.2017, 08.53
Antwort von Susanne Schäfer:

Liebe Frau Brümmer,

ich dachte ehrlich gesagt, das mag naiv sein oder nur mein hiesiger Eindruck, dass auf Eltern eher gehört wird als auf uns.
Wenn dem nicht so ist, dann habe ich das offensichtlich falsch wahrgenommen und es tut mir Leid zu lesen, dass es Ihnen als Mutter ähnlich geht.
Ich wünsche Ihnen und Ihrem Sohn alles Liebe und engagierte Kolleginnen und Kollegen an Ihrer Seite.
30. von Matthias

Sehr geehrte Frau Schäfer, ich bin als Förderschullehrer in beratender Funktion in sehr vielen Grundschulen unterwegs und kann Ihre grundlegende Kritik in allen Punkten bestätigen.
Leider sehe auch ich kein Licht am Ende des Tunnels "Inklusion", der aus meiner Wahrnehmung von den Kultus- und Bildungsministerien in unserer Republik zu allererst wahrgenommen wird als Möglichkeit, Gelder einzusparen.
Ich sehe auch, dass kritische - sprich objektive - Erziehungswissenschaftler zunehmend das Problem haben, nicht mehr als Referenten auf staatlich organisierte Veranstaltungen eingeladen zu werden.
Der Pferdefuß des Beamtentums und staatlicher Finanzierung tritt hier heftig zu. Da ich selber Beamter bin, dürfte ich dies hier gar nicht schreiben...

vom 20.02.2017, 21.00
Antwort von Susanne Schäfer:

Warum haben wir als Beamte solche Angst davor kritisch zu sein?
Kritisch zu sein ist doch legitim, wir können doch nicht alles hinnehmen, was uns aufgetischt wird.
Ja, ich weiß, das kommt nicht gut an. Kritische Töne werden ungern gehört und schnell mit Inkompetenz abgetan.
Dennoch müssen wir doch sagen dürfen, wie die Realität aussieht.
Ich finde, das ist eine Pflicht, die wir Kindern, Eltern und den Kollegen gegenüber haben.
29. von Petra

Trifft es!!! Danke!!!

vom 20.02.2017, 18.19
Antwort von Susanne Schäfer:

Gut zu lesen, mit der eigenen Wahrnehmung nicht allein dazustehen.
28. von

DANKE!

vom 20.02.2017, 15.58
Antwort von Susanne Schäfer:

Gern.
:-)
27. von Susanne Binder

Punktgenau beschrieben! Danke!
Ja, in Österreich werden die Sonderschulen abgeschafft und daher braucht man dann auch nicht mehr die Ausbildung zum Sonderschullehrer ... so die Argumentation! Erschreckend aber wahr!!!
Ich bin selbst ausgebildete VS und Sonderschullehrerin und frage mich auch, wo der Aufschrei der Eltern bleibt!!! Versteckte Einsparungsmaßnahmen unter dem Deckmantel: Jedes Kind muss inkludiert werden, man darf kein Kind separieren! O weia, wie würde sich manch Erwachsener fühlen, wenn er permanent durch Kollegen präsentiert bekommt, was er alles NICHT KANN?
LG aus Österreich von Sue

vom 20.02.2017, 14.08
Antwort von Susanne Schäfer:

Ich finde, bei Euch geht es noch einen Schritt weiter als bei uns.
:-/
26. von Marek

Politik neigt meiner Erfahrung nach immer erst dann zu handeln, wenn das Gymnasium in Gefahr zu sein scheint, was wiederum eng mit den Menschen in Verbindung steht, die sie wählen. Solange das Gymnasium weiterhin selektieren darf, wird die Grundschule über das Jammertalniveau niemals hinaus kommen.

vom 20.02.2017, 12.52
Antwort von Susanne Schäfer:

Jammertalniveau.
Da sehe ich uns nicht angesiedelt.
Überhaupt nicht.
25. von Marek

Wer heute Lehrer wird, muss wissen, das er sich in ein sich selbst reproduzierendes System und daher in ein veränderungsresistentes extrem stabiles System begibt. So lange sich nicht der veränderungsresistenteste Bereich der Schule - nämlich das Gymnasium - anfängt zu beklagen, solange wird sich auch nichts verändern.

Systemveränderungen gehen immer mit Schmerzen einher, lassen Befürworter und Gegner laut werden und gehen auch auf Kosten von einigen daran Beteiligten. Das ist eben so. Es ist das Wesen von Innovation. Resilienz, so wie oben angedeutet, kann eine Lösung sein. Eine zweite könnte auch darin liegen, allen Kindern am Ende von Klasse 4 eine gymnasiale Empfehlung zu geben. Ich wäre auf die Reaktionen der Gymnasien gespannt.

vom 20.02.2017, 12.31
Antwort von Susanne Schäfer:

Nun auf die Reaktionen wäre ich in der Tat auch gespannt.
24. von Annette

Liebe Susanne,
phantastisch, wie Du alles punktgenau zusammenfasst und dem, was fast alle von uns, die täglich mit den Kindern arbeiten, eine deutliche Stimme verleihst. Ganz genau: Es sind die Kinder, die nicht mehr richtig gefördert werden , es sind die Kolleginnen, die an der Situation verzweifeln, sowohl die Grundschul- als auch die Sonderpädagogen, es sind viele Dienstvorgesetzte, die sich opportun verhalten (müssen?) und es sind leider nur ganz wenige, die wie Du deutlich aufzeigen, was sich alles verschlechtert hat und wie unverantwortlich an Schülern und Lehrpersonal gehandelt wird.Hoffentlich finden viele von uns den Mut, nicht alles hinzunehmen, sondern " die Stimme erheben und unbequem sein" Ich bin froh über jeden Blog der diese Thematik öffentlich macht.
Ich bin seit 30 Jahren Förderschulehrerin und gehe immer noch (meistens) gerne in die Schule.
Früher hiess sie noch Sonderschule und wir haben dies nie als Schule der AusSonderrung verstanden, sondern als Schule der beSonderen Förderung, die Kinder mit besonderem Förderbedarf benötigen, oft ja auch nur für eine bestimmte Zeitdauer. Ich bekomme Magenschmerzen, wenn ich an die Kinder denke, die ihren besonderen Förderbedarf einfach nicht mehr haben dürfen, weil, wie du richtig feststellst, nicht sein kann was nicht sein darf.
Leider wird diese Politik sehr erfolgreich sein, denn da AOSF Anträge ja inzwischen von vornherein abgelehnt werden, wird es in der Statistik wesentlich weniger Förderkinder geben,
dies wir dann als tolle Ergebnis der Schulpolitik verkauft und alle glauben das auch noch.
Manchmal könnte ich nur noch heulen.
Annette

vom 19.02.2017, 16.36
Antwort von Susanne Schäfer:

Liebe Annette,

genau so ist es: Die Statistiken werden manipuliert, da die AO-SF Verfahren nicht mehr eröffnet werden. Das alles mit dem Hinweis darauf, dass Inklusion keinerlei Diagnostik benötige.
Die Kinder mit speziellen Bedarfen werden aber nicht weniger, nur weil sie in keiner Statistik mehr auftauchen (dürfen).

ABER es nutzt nichts, stillschweigend hinzunehmen und auszusitzen. Mehr als unsere - leise - Stimme erheben können wir wohl im Moment nicht tun.
Aber viele kleine, leise Stimmen können auch laut werden.....
23. von Tanja

Liebe Frau Schäfer und alle anderen hier Schreibenden,

Vielen Dank für die Einblicke, Gedanken und den Mut zum Aufschrei!
Wie wichtig das Thema für die betreffenden Kinder ist, möchte ich anhand meiner Berufserfahrung mit den älter gewordenen Kindern die "hinten rüber fallen" verdeutlichen. Ich unterstütze junge Menschen, die es längere Zeit nicht geschafft haben in Ausbildung oder Arbeit zu kommen (gerne als die bezeichnet, die nicht wollen). Nicht selten erlebe ich, dass sie von Klasse zu Klasse durchgereicht wurden, ohne ernstzunehmende Unterstützung. Wenn Eltern nicht das Wissen, das Interesse und die finanziellen Mittel zur Förderung ihrer Kinder haben, um z.B. Lernbehinderungen oder Probleme im Sozialverhalten zu kompensieren, haben die Kinder schlicht Pech. Die Chancen mit Schulabgangszeugnis oder schlechtem Hauptschulabschluss heute einen Ausbildungsplatz zu bekommen ist extrem schwierig. Noch schwieriger wird es wenn die Person kaum schreiben, lesen oder rechnen kann. Gefördert werden in diesem Sektor Personen, die gute Erfolgsaussichten mit der Förderung haben. Die anderen fallen auch hier durch das System. Nicht selten heißt die Lösung dann Zeitarbeitsfirma und selbst da steigen die Ansprüche zunehmend. Die jungen Menschen erzählen mir von Wunschberufen, Zukunftsplänen (z.B. Familie) etc. - doch welche Türen stehen denn dann noch offen?

Ich würde mir wünschen, dass die verantwortlichen Personen sich mal die Zeit nehmen - insbesondere wenn über das Geld argumentiert wird - und mal durchrechnen was eine frühe Förderkraft kostet und alternativ eine Person, die vermutlich über ihr Leben hinweg immer wieder auf Sozialleistungen angewiesen sein wird, häufiger krank ist und wiederholt an Maßnahmen zur Aktivierung teilnehmen wird. Ich vermute, die frühe Förderkraft ist günstiger, selbst dann, wenn die Förderung sehr intensiv ist ;-)

vom 19.02.2017, 16.06
Antwort von Susanne Schäfer:

Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Danke für den ausführlichen Hinweis!
22. von Biene

Hallo Frau Schäfer,

vielen Dank für diesen Bericht. Hoffentlich erreicht er durch vieles Teilen eine breitere Öffentlichkeit.
Sie haben meinen Respekt, dass Sie noch nicht frustriert sind, und für sich akzeptiert haben, dass Sie bereits das Beste tun, was Sie können. So haben Sie in dieser drastischen Situation, in der sich momentan die Schule befindet, zumindest schon viel für sich gewonnen und bleiben hoffentlich gesund.
Ich bin auch Lehrerin an einer Grundschule und habe wie viele eine ähnliche Klassensituation wie Sie. Neben Inklusionskindern habe ich natürlich auch Seiteneinsteiger, die teilweise aufgrund ihrer traumatischen Erfahrungen noch gar nicht beschulbar sind. Von den Sprachbarrieren einmal abgesehen. Wie oft höre ich von oben auch: "Seien Sie mal kreativ!", oder "Inklusion darf nicht Exklusion bedeuten!", beispielsweise dann, wenn man Schüler vom Unterricht ausschließen oder kurzbeschulen muss, weil es anders wirklich nicht mehr geht, das Kind und alle anderen in der Klasse darunter leiden. Wir sind erwachsen und können uns und unsere Situation reflektieren. Aber die Kinder nicht - sie sind mitten in diesem System des Irrsinns gefangen und denken zwangsläufig, dass sie selbst schuld sind, wenn es in der Schule nicht klappt. Und die Kinder, die "mitlaufen", die nicht "besonders" sind, die stecken zurück. Vielen macht es nichts aus, weil sie einfach in der Schule ohne viel Hilfe klarkommen. Aber mir als Lehrerin tut es wahnsinnig leid, dass ich sie in ihrem Lernen nicht weiter fordern kann, ihre Ergebnisse nicht mehr würdigen kann. Oft bleibt es bei einem knappen "Super gemacht!" und eile zur nächsten Baustelle, z.B. einem Schüler, der gerade ausrastet, einer Schülerin die anfängt zu weinen, weil sie immer noch dasselbe Wort seit 10 Minuten nicht lesen kann, ein Schüler, der ständig mit dem Stuhl kippelt, weil ihm Konzentration noch schwer fällt...
Die Sonderpädagogin ist gerade in einer anderen Klasse, sie muss sich mit ihrer Stelle auf viele Klassen aufteilen, die Kinder mit diagnostiziertem Förderbedarf haben natürlich Vorrang. Bei mir in der Klasse ist noch kein Kind diagnostiziert, aber Förderbedarf haben einige. Eine Klassensituation wie viele in Deutschland sie wohl haben.

Inklusion war dann noch realisierbar, als es das Wort noch gar nicht in den Erlassen gab. Das weiß ich aus eigener Erfahrung als ehemalige Regelschülerin mit einer Behinderung. Traurig.

Danke Ihnen für Ihre Worte, Frau Schäfer!




vom 19.02.2017, 13.00
Antwort von Susanne Schäfer:

Herzlichen Dank für diese ausführliche Stellungnahme.
Flüchtlingskinder ohne Sprachkenntnisse beschulen wir auch, mittlerweile 54 an unserer Schule, aber das empfinde ich als nicht so problematisch.
Zumindest in Jahrgang 1 nicht.
Wir freuen uns nun  erstmal, dass wir ab morgen an zwei Tagen sonderpädagogische Unterstützung erhalten werden!
21. von Silke

Die Frage, warum Eltern (noch) nichts tun, beantworte ich (Mutter und Lehrerin - deshalb erläutere ich die Sichtweise) aus Elternsicht:
Es gibt verschiedene Gründe:
- Hilflosigkeit: Was kann man konkret tun?
- Optimismus: Es wird schon irgendwie gehen (hofft man als Nichtlehrereltern, als Lehrer weiß man leider, dass auch andere Kollegen leider trotz aller Bemühungen nicht zaubern können
"Inklusion ist doch was Tolles": Undifferenziert betrachtet stimmt dieser Satz. ABER: Inklusion als Sparmaßnahme kann so nicht funktionieren. Es gibt viele Kinder, für die ist Inklusion problemlos möglich (viele Körperbehinderungen, Lernbehinderungen), oft braucht man allerdings Hilfsmittel und v.a. personelle Ressourcen. Ohne kann es nicht gehen. Und manche Kinder sind einfach nicht im Regelschulbetrieb integrierbar, weil sie mit den großen Systemen nicht klarkommen oder so extreme Verhaltensauffälligkeiten haben, dass spezielle Förderschulen die bessere Alternative sind.
- Weil man als Eltern seltsame Kommentare bekommt (von Hilflosigkeit bis hin zu den Antworten, dass doch jetzt überall so wäre und man das so hinnehmen müsse, wenn man es anspricht)

vom 18.02.2017, 22.53
Antwort von Susanne Schäfer:

Ich verstehe das durchaus.
Hilflosigkeit finden wir allerorts.
Natürlich lassen sich die Kinder wunderbar inkludieren - nur braucht es dafür spezielle Sach- und Hilfsmittel, eine spezielle Ausbildung und vor allem multiprofessionelle Teams.
20. von FrauUrbi

Danke, für diesen Text! Gut, dass es doch noch immer Kollegen gibt, die sich nicht scheuen, die aktuelle Situation kritisch und hier leider auch realistisch beim Namen zu nennen! Ich selbst bin in einer etwas komfortableren Situation an einer Zwergschule mit kleinen Klassen und dadurch ist auch entsprechend die Zahl an besonderen Kindern nicht so hoch! In einer Klasse mit 14 Kindern kann man auch mehr auffangen als bei Klassenstärken von 26 und mehr! Deshalb mag ich mich nicht beschweren, zumal auch unsere Schulleiterin ihr absolut möglichstes tut, um uns zu unterstützen! Dennoch sollte die allgemeine Entwicklung, die der "Traum " von der Inklusion gerade nimmt durchaus kritisch bewerten! Hier ist wieder einmal eine an sich gute Idee vollkommen schief gegangen, weil es durch die Politik nicht durch ausreichend finanzielle und personelle Mittel unterstützt wird! Ich hoffe sehr, dass es irgendwann genug laute Stimmen gibt, die mahnen, kritisieren und fordern, so dass es von den hohen Herren in ihren Sitzungsräumen endlich gehört wird! Ich selbst bin durchaus für die Inklusion, aber unter anderen Bedingungen ! Wir brauchen Hilfe ! Dringend! Denn es geht nicht nur um Kollegen, die sich in ihren Bemühungen total aufreiben, sondern vor allem um die Kinder!

vom 18.02.2017, 22.38
Antwort von Susanne Schäfer:

Danke, genau so sehe ich das auch.
19. von Kathrin Hey

Hut ab vor deinem Elan und deinem Willen, einen Weg zu finden. Es ist ja Wahlkampf in Deutschland - eigentlich gibt es keine bessere Zeit als gerade jetzt, wenn man Steine ins rollen bringen will...
Ich erlebe gerade, wie komplex das Unterrichtsgeschehen in offenen Unterrichtssituationen ist, denn ich habe das erste Mal einen Lehramtsanwärter. Ich selbst habe mich über Jahre in das einigermaßen differenzierte Arbeiten reingeschafft - aber für einen LAA ist das ungleich schwieriger, wenn nicht gar unmöglich, innerhalb von 18 Monaten zu lernen, einen differenzierten Unterricht zu erteilen. Also abgesehen davon, dass die erfahrenen Lehrer an ihre Grenzen kommen - mit welchen Lehrern will man denn Inklusion in der Zukunft praktizieren? Die Antworten auf all' die Fragen, die Du hier aufwirfst, kann keiner geben. Es MUSS ein Umdenken erfolgen. Inklusion - ja bitte - aber so? NEIN

vom 18.02.2017, 19.36
Antwort von Susanne Schäfer:

Danke für den Einblick in Deinen Unterrichtsalltag und den netten Kommentar!
18. von Vera

Liebe Frau Schäfer,
vielen Dank für Ihre klaren Worte und ihre differenzierte Blickweise!
Jedes einzelne Wort spricht mir aus der Seele.
Ich arbeite (freiwillig und gerne) an einer Schule in NRW, die seit vielen Jahren inklusiv arbeitet.
Ich mache diese Arbeit gerne und werde dabei getragen von einem sehr innovativen und engagiert arbeitenendem Kollegium.
Aus diesem Kollegium befinden sich gerade 2 Personen im Krankenstand bzw. in einer BEM-Maßnahme. In beiden Fällen sehe ich einen engen Zusammenhang zwischen der Erkrankung u den sich immer weiter verschlechternden beruflichen Rahmenbedingungen... Nicht macht das allmählich immer wütender das alles mitansehen zu müssen.
Es geht hier nicht nur um die Arbeitsbedingungen von Lehrern.
Wahrscheinlich leidet eine nicht unbeträchtliche Anzahl von unseren Schülern auch in erheblichem Maße. Die Folgen zeigen sich aber in aller Deutlichkeit wahrscheinlich erst sehr viel später.
Auch diese Umstände machen mich ungeheuer wütend.
Es ist wirklich an der Zeit, diese Missstände deutlich zu benennen.
Noch einmal vielen Dank dafür!


vom 18.02.2017, 17.22
Antwort von Susanne Schäfer:

Ich befürchte auch, dass die Folgen erst in einigen Jahren deutlich sichtbar sein werden.
Ich wünsche weiterhin viel Kraft und Elan und Durchhaltevermögen.
17. von Patricia

Liebe Frau Schäfer!
Weil ich in den kommentaren auch etwas zu Österreich gelesen habe: Bei uns läuft gar nichts besser! Das Sonderschullehramt wurde abgeschafft und die normalen Volksschullehrerinnen haben jetzt genau zwei Lehrveranstaltungen in der Ausbildung zum Thema Inklusion (eine davon ist eine Vorlesung!). Dass wir dadurch keine Sonderpädagoginnen sind, will keiner hören. Mir wird schon richtig schlecht bei dem Gedanken, dass ich diesen Kinder nicht gerecht werden kann...
Liebe Grüße!

vom 18.02.2017, 17.01
Antwort von Susanne Schäfer:

Das Sonderschullehramt wurde abgeschafft?
Das halte ich in der Tat für äußerst kurzsichtig und undurchdacht.
Nur, weil man diese Art der Ausbildung abschafft, bleiben ja die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf nicht fern.
16. von Tara_87

Vielen Dank für diesen Beitrag!!
Ich unterrichte zwar in einem anderen Bundesland, erlebe das aber ähnlich in meinem Alltag an meiner Schule und im Austausch mit Kollegen.
Der Gedanke, dass ich eben keine Sonderpädagogin bin, ist für mich während meiner Arbeit sehr oft präsent.
Und obwohl zu Zeiten meines Lehramtsstudiums schon die Inklusion angestrebt wurde, war dies nicht einmal Inhalt meines Studiums.
Ich finde es so wichtig, dass es Menschen wie Sie gibt, die ihre Meinungso eloquent darstellen können. :-) Danke dafür!

vom 18.02.2017, 16.32
Antwort von Susanne Schäfer:

Ich danke für die Rückmeldung und den netten Kommentar.
15. von Rena Pu

Liebe Susanne,
du sprichst mir (und vielen anderen Kollegen/innen) aus der Seele, ohne Wenn und Aber stimme ich deinen Ausführungen zu.
Je mehr man diese Missstände hinterfragt, desto frustrierter wird man. Dazu kommt noch, dass die wenigen Förderstunden, die die Schule zur Verfügung hat, zugunsten einer Vertretung wegfallen.
Die Leidtragenden sind immer die Kinder, die besondere Zuwendung und Förderung benötigen.
LG Rena Pu

vom 18.02.2017, 16.08
Antwort von Susanne Schäfer:

Genau das ist das Problem.
Danke für Deine Rückmeldung.
14. von Lehrerin

Ich habe ein Kind in meiner Klasse, welches große emotionale Probleme hat. Das Kind war schon in psychatrischer stationärer Behandlung, brauchte lange psychologische Hilfe und hat noch so einige Päckchen zu tragen. Ursache Misshandlungen der Mutter in der frühen Kindheit, von der das Kind weggenommen wurde und zum Vater kam. In meinen 4 Grundschuljahren war es harte Arbeit, aber es ist mir gelungen eine gute stabile Beziehung aufzubauen. Vom kompletten Schulverweigerer ist er ein relativ zuverlässig stabiles Kind geworden. Das Kind ist ein tolles Kind, hochsozial. Leider nur immer wieder mit massiven, sehr massiven Ausrastern, Angstzuständen und Unsicherheiten gegenüber allem was neu ist. Läuft irgendwas nicht wie gewohnt, gehts ab. Und dann aber massiv. Damit der Übergang in Klasse 5 gut gelingt und er dort Unterstützung bekommt (in HH gibt es Ressourcen nur ab Klasse 5) beantragten wir den Förderbedarf emotionale und soziale Entwicklung. 10 Stunden Antragschreiben, einen 30 Minuten Besuch der Behörde und 2 2-stündige Gespräche mit dem Herrn der Behörde später, wurde unser Antrag abgelehnt. Es würde noch viel schlimmere Kinder geben und die Lehrer in der SekI würden schon ihr bestes bei jedem Kind geben. Unfassbar. Hinter den Kulissen wird gemunkelt, dass die Zahlen zu hoch sind und so künstlich gedrückt werden. Ich habe das Vertrauen in unser Schulsystem wirklich verloren und hoffe inständig, dass dieses Kind nicht abstürzt.

vom 18.02.2017, 15.59
Antwort von Susanne Schäfer:

Das ist ein erschreckendes, aber leider kein Einzelbeispiel.
:-(
Es geht um Statisken und nicht um die Kinder.
Im Grunde ist das ein ganz großer Skandal, nur niemand hat den Mut ihn aufzudecken.
13. von Anita bilek

Liebe Susanne Schäfer, oft schon habe ich von ihren Materialien und Denkanstößen profitiert. Vielen Dank für Ihre klaren und emotionslosen Worte - sie wirken. In Österreich wird daran gearbeitet das deutsche System zu übernehmen. Darf ich Ihren Beitret auf meiner Facebook Seite teilen? Ich wünschte man würde mehr reflektieren anstatt nachzuahmen...
Liebe Grüße und herzlichen Dank - auch für Ihre einzigartige "materielle" Unterstützung!

vom 18.02.2017, 14.57
Antwort von Susanne Schäfer:

Natürlich darf der Beitrag gerne geteilt werden.
Ich hoffe sehr, dass Österreich es besser macht als wir.
:-)
12. von Spilla

Im Grunde ist es am Ende immer eine Kostenfrage, leider ;-).
Inklusion funktionierte bei uns in den Anfangsjahren wirklich sehr gut, Kinder bekamen Diagnosen und ausreichend Förderstunden.
In den letzten, sagen wir mal 15 Jahren, folgte ein Gesetzesdekret nach dem anderen und die Ressourcen wurden immer weniger. Man hat es aber sehr schlau angestellt....die meisten Kinder (möglichst nicht vor dem Ende der 2. Klasse melden) bekommen jetzt Klinische Befunde mit Anrecht auf Individuelle Förderpläne (+ Gespräche mit Fachleuten und Eltern + alle möglichen Schreibereien zusätzlich) bei lernzielorientiertem Lernen, was auch immer das heißen mag....wir haben es noch nicht verstanden, aber mit keinem grundsätzlichen Anrecht auf Förderstunden. Die Schule muss die Ressourcen für eine angemessene Förderung aufbringen, wenn denn halt was übrig bleibt, nach Mensa, Fahrschüleraufsicht.....Ein kleiner Teil der Kinder (alles, was mit Autismus....also schwerwiegende Problematiken...) bekommen eine Diagnose mit Anrecht auf eine zusätzliche Lehrperson, sagen wir mal max. 8 h in der Woche. In ganz schlimmen Fällen bekommt das Kind eine Mitarbeiterin für Inklusion zugewiesen (50 - 75%), welche aber grundsätzlich nicht für die Didaktik zuständig ist.
An unserer Schule gibt es außerdem einen fast 50% Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund, keine Flüchtlinge.
Also alles in allem wird uns nie langweilig. Wir leben sehr bunt. Wir sind kreativ, lassen auch mal fünf grade sein, haben Mut zur Lücke, geben unser Bestes, auch wenn das nicht immer gut genug ist. Wir ärgern uns und erheben die Stimme....ohne Erfolg wie man sieht. Wir freuen uns über die kleinen und großen Fortschritte unserer SchülerInnen und motivieren die Eltern zur Mithilfe.
Ein anderes Mal dann vielleicht etwas über unsere verhaltenskreativen SchülerInnen. Die gibt es ja auch noch :-)
Ich hoffe, dass ich niemanden gelangweilt habe und wünsche allen noch ein schönes Wochenende.
Liebe Grüße


vom 18.02.2017, 14.56
Antwort von Susanne Schäfer:

Mich hast Du keinesfalls gelangweilt, im Gegenteil. Ich lese Deine Kommentare immer sehr gerne und mit großem Interesse und ich danke Dir dafür, dass Du Dir die Zeit nimmst und schilderst, wie es bei Euch aussah und aussieht!
11. von Sabine

Hallo,
am Anfang möchte ich gleich sagen: "Ich bin gern Lehrer und habe es auch noch nicht bereut, diesen Beruf ergriffen zu haben!" Der Artikel und auch die Kommentare sprechen mir aus dem Herzen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Grundschule für alles herhalten muss. In unserer Schulform wird immer experimentiert, ohne bei der Basis nachzufragen. Ich habe den Anspruch an mich und meine Arbeit, jeder kleinen Seele gerecht zu werden und bestmöglichst auf das Leben vorzubereiten. Das wird aber immer schwerer. Im nächsten Schuljahr bekomme ich wieder eine 1.Klasse. Schon jetzt bin ich intensiv bei der Planung und Vorbereitung, vergesse aber meine aktuelle 4.Klasse nicht dabei. Ich habe mich entschieden, mit einem neuen Lehrwerk zu arbeiten. Natürlich hätte ich es mir einfacher machen können und das Lehrwerk nehmen können, das ich schon die letzten Jahre hatte. Aber die Lernsituation in den Schulen hat sich wirklich gravierend verändert. Ich bin jetzt seit 28 Jahren Lehrerin und probiere gern neue Sachen aus. Deshalb möchte ich mich auch recht herzlich bei Susanne und den vielen Bloggerinnen bedanken, die hier täglich ihre Gedanken und ihr Material mit uns teilen. Das hilft mir für meine Arbeit sehr!!! Vielen Dank!!!
Ich wünsche allen ein schönes und erholsames Wochenende!

vom 18.02.2017, 14.20
Antwort von Susanne Schäfer:

Ich danke Dir für Deinen ausführlichen Kommentar und der Schilderung Deiner Sichtweise.
Genieß das Wochenende und lass es Dir gut gehen!
10. von Katha

Ja, das spricht aus der Seele. Inklusion wird ja immer wieder mit dem Gesetz begründet, niemand dürfe ausgeschlossen werden. Im Grunde ist es aber doch nur ein großes Sparprogramm (Schließung der Förderschulen) auf Kosten aller in Schule Beteiligten, das dann noch von anderen Sparmodellen unterstützt bzw. untergraben wird (Frühere Einschulung, keine Wiederholung der ersten Klasse etc.). So wird die viel zitierte hohe Bandbreite in (Grundschul-)Klassen zu einer Heterogenität, die man kaum noch bewältigen kann. Aber vielleicht machen es ja Studiengänge wie "Grund-Haupt-Realschule" oder ein verkürzter Vorbereitungsdienst besser möglich, die neuen Kollegen auf die Realität angemessen vorzubereiten und in 10 Jahren jammert einfach keiner mehr?
Ich wüsste auch gerne, wie die ganze Situation mal vernünftig an die Öffentlichkeit gebracht werden könnte, weit über die "likenden" Kolleginnen bei facebook und Co hinaus.

Beste Grüße,
Katha

vom 18.02.2017, 14.13
Antwort von Susanne Schäfer:

Ich verstehe die Notwendigkeit der Inklusion und stehe der Inklusion auch nicht ablehnend gegenüber.
Ablehnend gegenüber stehe ich jedoch der Ignoranz den Kindern und ihren Förderbedarfen gegenüber - das darf so nicht sein.
Ich glaube auch gar nicht so sehr, dass wir jammern. Auch wenn das in der Öffentlichkeit vielleicht anders wahrgenommen wird.
Die Fakten darzulegen ist richtig und wichtig und unterscheidet sich deutlich von Gejammere, aber nun bin ich von Deinem Kommentar abgekommen.
;-)

Danke, dass Du hier mitliest und kommentierst!
9. von Dagmar

Liebe Susanne,
deine Denkanstöße lese ich immer gern. Sie sprechen mir aus der Seele und ich stelle fest, auch bei 16 Kultusministerien- es sieht überall gleich aus.
Keiner fragt uns "Fachleute", wie das mit der "Inklusion" gehen soll. (Ich kann dieses Wort schon nicht mehr hören.) Wir hatten schon Kinder mit Sehbehinderungen, die gut integriert werden konnten. Das hat aber nur funktioniert, weil es sehr kluge Kinder waren, die Eltern voll hinter uns standen und sich auch sehr angagiert haben. Die sind demn Behörden auch schon mal aufs Dach gestiegen, wenn zum Beispiel eine Steckdose für die zusätzliche Arbeitstischlampe nicht an der Decke befestigt werden sollte. Wo aber die Defizite größer sind oder Eltern sich nicht kümmern wollen oder können - die Kinder müssen es schlussendlich ausbaden. Wie soll ein Kind den Spass am Lernen behalten, wenn es drei Jahre lang erlebt, egal wie doll ich mich ansrenge- die anderen können es immer besser oder gar nicht mehr verstehen, worum es überhaupt geht. Die Kinder bleiben auf der Strecke. Kann uns das egal sein? So nach dem Motto - in vier Jahren sind wir sie wieder los? Na ganz sicher nicht!!! Und da bin ich mit dir einer Meinung: "Wieso gehen unsere Eltern, und zwar alle, nicht auf die Barrikaden!" Vater Staat verlangt, dass alle Kinder in die Schule gehen und schafft die Voraussstzungen nicht dafür.
Denn wenn die Eltern sich organisieren würden, die wären eine echte Macht. Ich habe schon oft erlebt, dass Schule Missstände anspricht- da passiert nix. Doch wenn die Elternvertretung tätig wird, dann geht es eben doch.
Aber auch hier bin ich mit dir einer Meinung, tun, was möglich ist, das Beste geben, ohne selber seine eigenen Grenzen aus den Augen zu verlieren und nicht aufgeben und das Lachen nicht verlernen. Wobei wir in der glücklichen Lage sind, dass unsere Zwerge uns oft einen Grund zum Lachen/ Schmunzeln geben.

Eine erholsames Wochenende und eine fröhliche Woche wünscht Dagmar





vom 18.02.2017, 13.14
Antwort von Susanne Schäfer:

Danke, Dagmar, das wünsche ich Dir auch.
Lieben Dank auch für diesen ausführlichen Kommentar!
Ich freue mich immer sehr, wenn sich jemand die Zeit nimmt, die eigenen Gedanken zum Thema hier aufzuschreiben.
8. von Melanie Andel

Ich bin sprachlos, einfach nur wow. Treffende, währe und auf ihre Weise sehr berührende Worte.

vom 18.02.2017, 13.07
Antwort von Susanne Schäfer:

Danke.


7. von Sarah

Vielen Dank für diesen Beitrag!!!

vom 18.02.2017, 12.56
Antwort von Susanne Schäfer:

Er lag mir am Herzen.
6. von Susanne

Hallo Frau Schäfer,

Sie schreiben das, was viele von uns Grundschullehrer denken.
Ja, wir sind Universaldilettanten. Wir können vieles und können durch die geforderte Kreativität vieles bewältigen. Aber wir können uns nicht klonen, wir können nicht für jedes einzelne Kind so viel Zeit investieren, wie wir es wissentlich tun müssten. Auch ich handhabe es so, dass ich mein bestes gebe, mit vollem Herzen bei der Sache bin aber mich nicht der Illusion hingebe, alle systembedingten Widrigkeiten ausgleichen zu müssen. Was mir momentan am meisten Sorge bereitet, ist die Situation der leistungsstarken Schüler. Die Schüler, die einfach ihre Arbeit bewältigen, fleißig sind, keinen Förderbedarf haben, die immer ein Pausenbrot dabei haben. Die Schüler, die im Schulalltag mittlerweile eigentlich viel zu kurz kommen und oft damit beschäftigt sind, schwächeren Schülern zu helfen. Wir fördern und fördern und für eine Forderung leistungsstarker Schüler ist oft keine Zeit. Natürlich profitieren die schwächeren Schüler davon und natürlich profitieren die Starken in puncto Sozialkompetenz. Aber sinkt nicht das Niveau der Unterrichtsinhalte?

Liebe Grüße,
Susanne

vom 18.02.2017, 12.51
Antwort von Susanne Schäfer:

Ich glaube nicht, dass das das Niveau sinkt, aber ich sehe auch die Problematik, dass einzelne Kinder mehr Aufmerksamkeit benötigen.
5. von Sabine Schäfer

Liebe Susanne Schäfer,
Sie treffen es einfach auf den Punkt! Auch ich bin Schulleiterin einer Grundschule und weiß genau wovon Sie reden. Die Grundschullehrer müssen endlich laut und deutlich aufstehen und nicht immer einfach alles ertragen. Wenn die von Eltern dann ebenso laut unterstützt wird, erst dann kann sich zum Wohle der Kinder etwas ändern. Da wir als Beamte ja nun auch in unserer lauten Meinungsäußerung etwas beschränkt sind, müssen wir uns auf anderen Wegen Gehör verschaffen. Für mich ist dies das politische Engagement! Das muss jeder für sich entscheiden. Nichts tun und alles weiter ertragen ist allerdings das Schlimmste!

vom 18.02.2017, 12.47
Antwort von Susanne Schäfer:

Ich möchte nicht in meiner Meinungsäußerung begrenzt sein, sondern auch als Beamtin ein mündiger Bürger bleiben.
Kritisch zu sein heißt ja nicht, das System zu hintergehen oder illoyal zu werden.
Aber leider wird das nicht an allen Stellen so wahrgenommen, aus diesem Grunde verstehe ich sehr genau, was Sie sagen möchten!
Danke für den Beitrag und liebe Grüße.
4. von Benari

Wow, kommt mir vor wie in meiner 1. Klasse, im letzten Jahr... Und weil auch mir, wie dir, was an den kindern liegt, war ich hinterher, führte Telefonate, Gesprächen und und und( wer kennt diese Abläufe nicht )und sie wurden überprüft und vier von meinen 6 Mäusen, werden in diesem Schuljahr nach ihren Möglichkeiten gefördert und beschuldigt und fallen in der großen Gruppe nicht mehr hinten runter ( und es geht Ihnen gut dabei, wie ich erfahre

vom 18.02.2017, 11.37
Antwort von Susanne Schäfer:

Ich danke Dir für diese ausführliche Rückmeldung!
3. von Susanne

Liebe Susanne,
genauso ist es!!! Ich möchte gerne jedem Kind gerecht werden und mag alle meine Schüler - aber ich bin kein Tausendsassa und habe gezielt Grundschullehramt studiert, die Spannbreite in einer Grundschulklasse ist schon breit genug! Gerne würde ich die Unterstützung von Fach- (Sonderschul-)lehrkräften annehmen, sie tun auch, was sie nur können - nur: die Stunden reichen hinten und vorne nicht! Die Inklusionskinder bräuchten zum großen Teil ständig jemanden neben sich, realistisch sind 2-3 Std./Woche! So kommen alle zu kurz, die Kinder mit unterschiedlichem Förderbedarf, die Klasse und wir Lehrkräfte! Den Kampf um mehr Unterstützung verlieren wir oft!
Danke, dass du als Schulleitung diese Missstände deutlich machst!
LG Susanne

vom 18.02.2017, 11.24
Antwort von Susanne Schäfer:

Hallo Susanne,

die Realität ist unbequem und an den entsprechenden Stellen möchte man sie nicht wahrnehmen. So meine Erfahrung. Es bleibt nichts anderes übrig, als immer und immer wieder aufzuzeigen, wie es in den Schulen aussieht.
Bedauerlicherweise geht es an "höheren Stellen" oft nicht mehr um das einzelne Kind, sondern um Ideologien, die undurchdacht und nicht ausreichend für eine taugliche Umsetzung vorbereitet wurden.
Im Ergebnis und in der Konsequenz wird der Ball aber gerne zurückgespielt an uns.

Das halte ich für eine bedenkliche Entwicklung.
2. von Katrin Gans

Liebe Susanne,
was Du beschreibst, kennen wir alle. Du sprichst mir somit aus der Seele. Bleib bitte weiter so stark!
LG, Katrin

vom 18.02.2017, 11.05
Antwort von Susanne Schäfer:

Ich bin ja nicht stärker als andere.
:-)
Nicht stärker, als all die Kolleginnen und Kollegen in den Schulen, die das tagtäglich ebenfalls erleben und dennoch jeden Tag aufs Neue zuversichtlich und motiviert in die Klassen gehen.

Danke für Deinen lieben Kommentar!
1. von GS-Lehrer

Ein ehrlicher und guter Artikel, aber einen kleinen Haken gibt es. Einerseits leben wir mit der Situation und akzeptieren einfach, dass Kinder "hinten rüber fallen". Andererseits möchten wir den Aufschrei, eine Änderung der Situation.
Was können wir tun als Landesbeamte? Die ganzen "Artikel der Verzweifelten" kommen scheinbar nur bei den anderen Verzweifelten an...


vom 18.02.2017, 11.05
Antwort von Susanne Schäfer:

Das ist eine gute und eine entscheidende Frage.
Auch ich fühle mich hilflos und habe entschieden, dass ich unbequem sein möchte, mich äußern möchte, die Realität so beschreiben möchte, wie ich sie erlebe und zwar auch vor der Schulaufsicht, die das nicht gerne hört und nicht gerne lesen wird.

Was können wir tun?
Daran arbeiten, dass wir nicht im Burnout enden. Daran arbeiten, gelassen auf die äußeren Rahmenbedingungen zu reagieren und Grenzen erkennen.
Den Mund aufmachen, immer dann, wenn es Not tut.
Nicht ins unkonstruktive Jammern und Verzweifeltsein verfallen, sondern sachlich erklären, wie es an den Schulen aussieht.
Sich selbst vor Verzweiflung und Frustration schützen.

Das klingt alles leichter als es ist.
Ich weiß.
:-/

Es müssten viel mehr Schulleitungen gemeinsam agieren. Es müsste an viel mehr Stellen der Mund aufgemacht werden.
Es müsste mehr Öffentlichkeitsarbeit betrieben werden......

Letztlich muss jeder für sich entscheiden, wie er mit der aktuellen Situation umgeht.
Zusammen wäre es allerdings einfacher.
:-)
Shoutbox

Captcha Abfrage



Katharina
So eine tolle Seite mit so vielen Inspirationen! Vielen herzlichen Dank dafür.
13.7.2020-9:54
Anne
Liebe Susanne, erst einmal ein großes Lob für die vielen liebevoll gestalteten Dinge. Ich möchte im neuen Schuljahr auch eine Eisbärenklasse starten. Gibt es schon Schilder für die Tafel mit den Unterrichtsstunden? LG
21.5.2017-17:17
Melanie
Liebe Susanne,
vielen Dank für deine tollen Texte, darin kann man sich wirklich stundenlang verlieren!
Am Schuljahresanfang hattest du Auf- und Einräumbilder deines Klassenraumes gepostet, mich würde mal interessieren, wie es jetzt so bei dir aussieht, nachdem darin schon eine ganze Weile gelebt wird.
Es grüßt dich ganz herzlich,
Melanie
14.5.2017-19:18
Pepe
Weil nicht sein darf, was nicht sein soll! Mutige, offene Worte. Vielen Dank dafür, Susanne. Genau so sieht es aus.
23.2.2017-16:37
Melli
Liebe Susanne, ich möchte gerne die Gelegenheit nutzen, um dir ganz ganz herzlich für die tolle Idee und natürlich deine süßen Materialien zum Märchentag zu danken. Wir begehen seither den "Märchenfreitag" (stundenplanbedingt) und meine Erstklässler lieben es! Gerade für meine sehr spracharmen Kinder ist es eine tolle Möglichkeit, den Wortschatz zu erweitern und sie zum Sprechen und Erzählen anzuregen. Und ähnlich wie du habe auch ich einen ungemeinen Spaß daran, jede Woche ein neues Märchen vorzubereiten und mal keine Buchstabeneinführung ö.ä. zu machen. Also lieben, lieben Dank!!!
18.2.2017-11:02
Letzte Kommentare
Stefanie:
Genau so etwas habe ich gesucht - und bin nat
...mehr
Judith Krottmayer:
super
...mehr
Gaby Sager:
Liebe Susanne SchäferHeute bin ich auf der S
...mehr
Beatrice Schulze :
Ich würde mich sehr freuen dieses Material z
...mehr
Cris:
Super Gestaltet!!
...mehr
Cris:
Seeehr coole Vorlage😊
...mehr
Beatrice Schulze :
Vielen Dank vorab.
...mehr
Sylvia:
Toll! Vielen Dank! Ich habe auch Geschichtenh
...mehr
Crissy :
Eine super Aufrteilung. Nutze das Heft auch f
...mehr
Emma Keeboo :
Liebe Susanne, ich freue mich dann sehr auf j
...mehr
2024
<<< April >>>
Mo Di Mi Do Fr Sa So
01020304050607
08091011121314
15161718192021
22232425262728
2930