Es ist 5.45 Uhr und ich sitze sehr entspannt im Büro. Keine Krankmeldung, kein Vertretungsplan - die Woche beginnt gut und ich freue mich auf all die Minimenschen in meiner Klasse und unseren Märchenmontag.
Bis zum Unterrichtsbeginn habe ich ausreichend Zeit für den liegengebliebenen Papierkram, der für Schulleitung eben so anfällt.
Ich habe mir gerade eben einen Tee gemacht, als die 16jährige Tochter anruft und weinend berichtet, sie habe sich kochendes Wasser über die Hand - statt ins Teeglas - geschüttet.
Ich beruhige das Kind, informiere das Team, lege Sachen für meine Klasse heraus und fahre nach Hause, um mit der Tochter in die Notfallambulanz zu fahren.
Vorbei ist der gemütliche Wochenstart, der Alltag hat mich wieder und das mit Haut und Haaren.
Ich weiß, in der Schule wird alles laufen, jeder wird sein Bestes geben und ich kann mich ersteinmal um meine eigene Tochter kümmern. Doch immer bleibt ein Restgedanke in der Schule, wenn es auch sicher nicht nötig wäre.
Als ich um kurz vor neun wieder an der Schule ankomme rast mein Herz, ich fühle mich gestresst, aber das Kind wurde bestens versorgt und noch ein wenig verwöhnt.
Ich finde meine Klasse in der Turnhalle - heute ist Kindersprint - und alle sind bester Laune und rennen, so schnell sie können.
Zeit, für eine kurze Tasse Tee.
Starten wir die Woche einfach neu.
Und bleiben noch zwei Schulstunden für den Märchenmontag, viel weniger als geplant, aber Umdisponieren ist kein großes Problem. Eigentlich wollte ich heute mit dem Kamishibai arbeiten und das Märchen erzählen, statt vorzulesen. Da ich mich nun aber zeitlich gedrängt fühle und nicht ruhig genug bin, um zu berichten, entscheide ich mich doch erneut für das Vorlesen. Heute wähle ich das
Drehbilderbuch "Frau Holle", das wirklich ausgesprochen ansprechende und schöne Illustrationen aufweist. Die drehenden Räder sind jetzt nicht so interessant, aber der Text und die llustrationen passen genau für meine Lerngruppe.
Ich glaube, erzählt wäre es netter gewesen, aber manchmal muss man einfach mit Kompromissen leben.
Als ich aus der Schatzkiste
Minimarshmallows und kleine
Holztore hole, wissen die ersten Kinder schon, das es heute wohl um "Frau Holle" gehen wird.
Nach dem Vorlesen und Besprechen erzählen zwei Kinder das Märchen nach und ich freue mich wieder einmal darüber, wie gut das einigen Kindern schon gelingt.
Beide haben den spontanen Applaus der anderen Kinder wirklich verdient. Ein einfaches Tafelbild veranschaulicht das Märchen noch einmal und wir gehen in die Arbeitsphase. Mittlerweile hat es sich etabliert, das ich unterschiedliche Angebote zum Märchen auslege und die Kinder selbst wählen, welche Angebote sie in welcher Reihenfolge bearbeiten. Heute greifen alle direkt zu den kleinen Toren, um sie mit Buntstiften zu bemalen.
Alle andere Arbeiten werden in das Märchenschatzheft geklebt. Wir hören dabei das
musikalische Märchen und bemerken nicht, wie schnell die Zeit vergeht.
Zu Beginn der Abschlussreflexion im Kreis frage ich einen Schüler nach den Namen des Märchens, das wir heute kennengelernt haben. Meine Ernüchterung ist groß, als das Kind mir offenbart, es habe keine Ahnung.
Gut, irgendwas ist da nicht gut gelaufen und ich sollte reflektieren. Für den Moment retten andere Kinder die Situation, die empört kundgeben, das müsse man doch wissen, es sei doch Frau Holle und die hänge ja nun auch an der Tafel....
Für ein Rollenspiel reicht die Zeit heute nicht mehr aus, wir sprechen noch kurz über die einzelnen Lernwege der Kinder, gehen die Hausaufgaben durch und dann wartet schon der erste von vielen Gesprächsterminen.
Nachdem die Tochter kurz appte, es sei so weit alles okay, widme ich mich wieder dem Schulalltag, der noch eine Menge Unerfreuliches mit sich brachte.
Wie das eben so ist.
Manchmal helfen nur noch Kekse.