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Einträge vom: 21.09.2016

Nachdenkzeit

Es gibt diese Tage, da umgibt mich vielleicht eine miese Aura. Mit Betreten des Klassenzimmers scheint sie hinterrücks, heimlich, still und leise dazu aufzufordern sich unter Tische und Bänke zu setzen, Spucke auf Hefte zu verreiben, um zu sehen, was geschieht. Papierkügelchen zunächst zu essen, dann auszuwürgen und durch die Klasse zu werfen oder gar mal zu testen, wie schmerzempfindlich der Tischnachbar eigentlich ist.

Das mag nun nach Chaos und Anarchie klingen, aber meine Aura sucht sich in der Regel nur ein einziges Kind aus, dass dann aber auch selbstverständlich sehr empfänglich für derartige Experimente ist.

So einen Tag hatten wir neulich. Das Kind fand nicht in seine Arbeit, ich fand nicht das rechte Angebot für das Kind. Auf meine zunächst freundlichen, später zunehmend weniger netten Ermahnungen reagierte das Kind immer sehr charmant mit: "Okay, ich benehm mich jetzt!" Und der gute Vorsatz war wirklich da, ich sah das, allein es klappte an diesem Tag einfach nicht.




Als die anderen Kinder zu sehr drangsaliert wurden, wir befanden uns mittlerweile auf dem Schulhof, bat ich das Kind zu einer Nachdenkzeit zu mir. Da saß es nun brav und erklärte mir sehr zerknirscht: "Okay, Frau Schäfer, ich denk jetzt nach!"

"Das ist eine gute Idee. Du könntest darüber nachdenken, wie die anderen Kinder sich fühlen, wenn du ihnen weh tust!"

So saßen wir friedlich nebeneinander und hingen unseren Gedanken nach.

Nach wenigen Minuten wurde das Kind ganz unruhig, hektisch, aufgeregt: "Frau Schäfer, ich hab so sehr nachgedacht. Kann ich wieder spielen gehen?"
Schon da fiel es schwer, dem Charme nicht zu erliegen.
"Worüber hast du denn nun nachgedacht?", wollte ich wissen.

"Über Fußball!", erklärte mir das Kind, als sei es eine Selbstverständlichkeit und meine Frage sehr merkwürdig - wobei, sie war natürlich auch merkwürdig - gleichsam so, als sei alles geklärt und mir wurde wieder einmal bewusst, dass man sich diesen Kindern, ihrer Logik, ihren Gedanken und Gefühlen einfach nicht entziehen kann.

Sie stürmen mitten ins Herz, finden alle ihre Platz und hinterlassen viele minikleine Spuren.
Immer wieder und immer wieder schön.
Wir haben großes Glück!

Susanne Schäfer 21.09.2016, 20.07| (1/1) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: Schulalltag

Das Sonnenstrahlenbuch

Die Defizitorientierung aufzubrechen, sich immer bewusst zu machen, dass Positives durchaus überwiegt, Negatives lediglich schwerer zu wiegen scheint, das ist ein steter Prozess.
In den vielen Lehrerzimmern, in denen ich bereits sitzen durfte, trugen wir Lehrer häufig das Leid das Welt.
Nicht wirklich, aber gefühlt und verbalisiert.
Ein Zustand, der zur Eigenunlust führen kann und somit ungut ist.




Nimmt man die Aufgaben hinzu, die wir uns selbst manchmal auferlegen - ich schrieb bereits davon - die aber nicht mehr viel mit unserem eigentlichen Beruf zu tun haben, dann kann das krank machen. Kann. Es muss nicht so sein, es ist nur eine Möglichkeit.

Diese und einige andere Gedankengänge waren in einem der vergangenen Jahre Thema einer Lehrerkonferenz. Wir haben überlegt, wie wir es schaffen können, uns mehr auf das Positive zu besinnen und so entstand unser "Sonnenstrahlenbuch".
Es steht im Lehrerzimmer und wer immer einen glücklichen Moment erlebt, trägt ihn - sofern man möchte - in unser Buch ein und lässt somit die anderen teilhaben am Positiven, am Augenblick, an der Blickwickeländerung.

Das Buch erlebt gute Zeiten und trostlose Zeiten.
Es macht dennoch immer wieder Spaß, darin zu blättern, die Einträge zu lesen und zu schmunzeln, nachzudenken oder einfach nur zu lächeln.

Wir haben es in der Hand, uns die Zeit für diesen Blickwinkel und das Festhalten des Moments zu nehmen oder eben auch nicht.

Heute hätte ich so vieles hineinschreiben können:

Vom guten Gefühl bei unserer gestrigen offiziellen Einweihungsfeier, von den vielen positiven Rückmeldungen, die wir erhielten oder auch von den unzählig vielen helfenden Händen, die den Tag haben gelingen lassen.

Ich hätte auch hineinschreiben können, wie  viel Freude ich mit den "Eisbären" habe, wie schnell sie sich entwickeln, wie zauberhaft die Kinder sind und wie oft sie mich zum Lächeln oder Lachen bringen.

Ich hätte hineinschreiben können, wie stolz ich auf das Team bin, auf jeden einzelnen, aber auch wie froh, wenn der Umzugsrummel endlich abklingt und wir einfach bitte nur unsere Arbeit machen können, ohne Bauarbeiten, Feiern, Reden, Events und andere Kraftakte.

Geschrieben habe ich nichts.
Nicht, weil ich nicht wollte, sondern weil der Schulalltagstrubel mich derart im Griff hatte, dass ich gar nicht daran gedacht habe.

Das ist so schade.
Aber nicht zu spät.
Das Besinnen auf die schönen Augenblicke geht immer und jederzeit, es liegt an uns.
Und morgen warten auch noch leere Seiten darauf beschrieben zu werden!

Ich muss es nur tun.
Nicht darüber schreiben, sondern hineinschreiben.
Weil es gut tut!

Susanne Schäfer 21.09.2016, 00.00| (4/4) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: Schulleitung

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Katharina
So eine tolle Seite mit so vielen Inspirationen! Vielen herzlichen Dank dafür.
13.7.2020-9:54
Anne
Liebe Susanne, erst einmal ein großes Lob für die vielen liebevoll gestalteten Dinge. Ich möchte im neuen Schuljahr auch eine Eisbärenklasse starten. Gibt es schon Schilder für die Tafel mit den Unterrichtsstunden? LG
21.5.2017-17:17
Melanie
Liebe Susanne,
vielen Dank für deine tollen Texte, darin kann man sich wirklich stundenlang verlieren!
Am Schuljahresanfang hattest du Auf- und Einräumbilder deines Klassenraumes gepostet, mich würde mal interessieren, wie es jetzt so bei dir aussieht, nachdem darin schon eine ganze Weile gelebt wird.
Es grüßt dich ganz herzlich,
Melanie
14.5.2017-19:18
Pepe
Weil nicht sein darf, was nicht sein soll! Mutige, offene Worte. Vielen Dank dafür, Susanne. Genau so sieht es aus.
23.2.2017-16:37
Melli
Liebe Susanne, ich möchte gerne die Gelegenheit nutzen, um dir ganz ganz herzlich für die tolle Idee und natürlich deine süßen Materialien zum Märchentag zu danken. Wir begehen seither den "Märchenfreitag" (stundenplanbedingt) und meine Erstklässler lieben es! Gerade für meine sehr spracharmen Kinder ist es eine tolle Möglichkeit, den Wortschatz zu erweitern und sie zum Sprechen und Erzählen anzuregen. Und ähnlich wie du habe auch ich einen ungemeinen Spaß daran, jede Woche ein neues Märchen vorzubereiten und mal keine Buchstabeneinführung ö.ä. zu machen. Also lieben, lieben Dank!!!
18.2.2017-11:02
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Eine super Aufrteilung. Nutze das Heft auch f
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Emma Keeboo :
Liebe Susanne, ich freue mich dann sehr auf j
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